LINKE geht gestärkt aus Wahlkampf - Direktmandat war jedoch nicht zu halten
Erklärung des Direktkandidaten nach dem Wahlausgang: Freude über Ergebnis für DIE LINKE, Selbstkritik im "sozialistischen Lager" und eine schwache Wahlbeteiligung begleiten den Wahlabend in Pößneck.
Liebe Wählerinnen und Wähler,
danke für dieses tolle Ergebnis: 31,9% mit der Erststimme und 29,4% mit der Zweitstimme im Saale-Orla-Kreis II war ein wichtiger Beitrag für das landesweite Ergebnis.
Leider haben wir das Direktmandat nicht halten können und mir bleibt somit vorerst auch der Einzug in den Landtag verwehrt. Die Ursachen liegen vor allem in drei Dingen:
1. Das konservative Lager hatte nur einen Direktkandidaten (kein FDP- und AfD-Kandidat) - so sind viele Stimmen, anders als 2009, zusätzlich an Herrn Herrgott (CDU) gewandert. Bei der Wahlkreisstimme hat das der CDU um die 8-10% Vorsprung verschafft.
2. Das "sozialistische" Lager ist geprägt von politischer Naivität und mangelnder Kooperationsfähigkeit. Eine deutlichere Haltung der Grünen und mehr Realitätssinn bei der SPD hätten wir uns gewünscht. DIE LINKE will Partner sein und kein Konkurrent, wir haben verschiedenste Signale gesendet - alle blieben mehr oder weniger unbeantwortet.
Klar, Jeder und Jede kämpft für sich allein - aber können wir uns das noch leisten, wenn wir einen gemeinsamen politischen Perspektivwechsel in der Region hinbekommen wollen? Hier wird man sich fragen müssen, ob es nicht wichtiger gewesen wäre, ein Clausewitz-Mitglied und Soldaten als Wahlkreisabgeordneten zu verhindern, anstatt auf die eigenen Personalien zu setzen.
Wer sich als politischer Akteur verankern will, muss bereit sein, Position zu beziehen, und sollte sich nicht hinter Entscheidungsträgern in Landesvorständen und anderen höheren Parteigremien verstecken. Politik ist immer zuerst ein Emanzipationsprozess vor Ort!
3. Bei der Analyse der Ergebnisse in den Gemeinden und Städten wird deutlich, in welchen Orten eine stärkere Präsenz der LINKEN nötig gewesen wäre. Einige Orte haben wir uns hart erkämpft, wir konnten sogar "schwarze Nester" zum Kippen bringen.
Die Enttäuschung steckt mir persönlich in den Gliedern - 8 Monate hart gekämpft, 3000 km gefahren, viel investiert und riskiert... Gerne hätte ich vor allem der AfD im Landtag paroli geboten und noch lieber wäre es mir gewesen, die vielen aufgebauten Kontakte und Unterstützerkreise im Landtag zu vertreten.
Der Wahlkampf hat Spaß gemacht und war eine ganz großartige Zeit - menschlich und politisch konnte ich einiges in Gang setzen. Im Team Gliesing waren am Ende um die 30 fast ausschließlich ehrenamtlich tätige Menschen vereint, die sich mit Herz und Verstand für DIE LINKE eingesetzt haben... Wir haben uns auch in schwierigen Zeiten aufgerafft und zusammengehalten - das ware absolut genial!
Die Frage, wie es im SOK für DIE LINKE weitergehen kann, ist jetzt sehr drängend - ohne ein Wahlkreisbüro können wir unsere erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre nicht mehr fortsetzen. Auch die Unterstützung unsere Jugendarbeit ist in Frage gestellt. Dazu sind nun Möglichkeiten zu diskutieren.
Meine Kandidatur war ein Fenster, eine Option und vor allem ein Angebot! Jeder dritte Wähler hat es angenommen - das macht mich stolz und zufrieden. Das Team Gliesing wird auch zukünftig ein Ansprechpartner bleiben. Ich bin aber auch besorgt und wütend: Viele schmeißen ihr Wahlrecht einfach weg - ohne zu wissen, wie Politik eigentlich funktioniert und wie wichtig und eben nicht selbstverständlich dabei Wahlen sind. Wer aus der Politik nimmt diese Menschen mit?
Der Rechtsruck in Thüringen ist die Konsequenz einer kapitalistischen Diskursmaschine, die die Köpfe und Herzen der Menschen vergiftet. Die Medien hofieren die offene Ausländerfeindlichkeit von AfD und NPD, in dem sie von "europakritisch" und "rechtskonservativ" sprechen, oder verkappte Neonazis "neutral" behandeln - das widert mich an!
Ich hoffe, DIE LINKE Thüringen und damit insbesondere Bodo Ramelow bekommt die Chance auf den Wechsel. Viele Menschen warten darauf, dass sich die Akteure eine Ruck geben - und endlich eine soziale und ökologische Regierungspolitik umsetzen.
Bis zum nächsten Mal.
Ihr Direktkandidat Philipp Gliesing