Gedenken zum Auftakt der Friedensdekade in Pößneck

OTZ, Sandra Hoffmann

Mit einem Mahngang, Gebeten und einer Ausstellung unterstützt die Kirchenregion Pößneck in die bundesweite Einrichtung.

Mit einem Mahngang, Gebeten und einer Ausstellung unterstützt die Kirchenregion Pößneck in die bundesweite Einrichtung.

Pößneck. Unter dem Motto "Solidarisch?" steht die diesjährige ökumenische Friedensdekade, die bundesweit vom 10. bis 20. November stattfindet und damit am kommenden Sonntag beginnt. Die Friedensdekade will aufzeigen, "dass im Engagement für Frieden und Gerechtigkeit mehr gefordert ist als eine Hilfestellung von oben nach unten. Solidarisch sein erfordert auch eine politische Konkretion der Nächstenliebe und fragt nach den Ursachen von Armut und Ungleichheit", informiert die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden.

In Pößneck sind in diesem Zusammenhang mehrere Veranstaltungen geplant. Auftakt macht das Gedenken an die 75. Wiederkehr der so genannten Reichspogromnacht 1938, die auch jüdische Bürger im damaligen Pößneck betroffen hat. Am Sonnabend, 9. November, gibt es deshalb ab 14 Uhr einen Mahngang durch Pößneck zu den Wohnhäusern ehemaliger jüdischer Mitbürger. Philipp Gliesing wird diesen Rundgang durch Informationen über deren Schicksal begleiten. Alle Interessenten sind hierzu willkommen.

Des Weiteren wird ab 11. November, täglich 19 Uhr, zum Friedensgebet und stillen Gedenken in die Jüdeweiner Kirche eingeladen. Hier findet am 17. November, um 10 Uhr, auch der zentrale Bittgottesdienst für den Frieden statt.

In der Jüdeweiner Kirche ist darüber hinaus noch bis 21. November die Wanderausstellung "Von Liebe und Zorn. Jung sein in der Diktatur" zu sehen. Anhand der Biographien von Peter"Rein (1958-1983), auch "Barry" genannt, und Rolf Günzler (1957-1999), Spitzname "Fetzer", beschreiben die beiden Autoren und Kuratoren der Ausstellung, Marina Böttcher und Uwe Kulisch, über zehn Jahre die Geschichte einer Jugendgruppe aus Erfurt in den DDR-Jahren 1973 bis 1983. Im Mittelpunkt steht die Sinnsuche der jungen Frauen und Männer in der DDR und wie der Staat dabei willkürlich in ihr Leben eingriff. In fünf thematischen Blöcken werden dabei vor allem die Lebenswege von Peter Rein und Rolf Günzler nachvollzogen und zugleich dargestellt, was gesellschaftlich zu dieser Zeit passierte. Interviews mit Zeitzeugen, Musikbeispiele, Notizen aus Unterlagen der Staatssicherheit, welche die Jugendkultur flächendeckend überwacht hatte, sowie persönliche Dokumente veranschaulichen die Fakten.

Gedacht ist die Ausstellung hauptsächlich für Schüler und Studenten, steht aber allen Interessierten offen. Auf der Internetseite zur Wanderausstellung, deren Träger der Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" ist, steht eine Geschichts-Rallye zum Thema bereit. In der Zeit der Friedensdekade ist die Ausstellung täglich ab 17 Uhr geöffnet. Zusätzliche Besichtigungszeiten können für Gruppen und Schulklassen über das Stadtkirchenamt Pößneck, Tel. (03647) 41 2 8, vereinbart werden.

Die damaligen Ereignisse und Schikanen des diktatorischen DDR-Systems vertieft das Buch "Falkenflug - Eine verlorene Jugend in der DDR" von Gisela Rein-Irmscher, das zur Ausstellung empfohlen wird. In diesem Tatsachenroman schildert die Autorin das bewegende Schicksal ihres ältesten Sohnes Peter"Rein, einem der Protagonisten der Wanderausstellung, und ihrer Familie in der DDR. Für das SED-Regime galt Peter Rein als asozial. Er saß zweimal in Haft, bevor er 1982 von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft wurde. Im Jahr darauf kam er im Alter von 25 Jahren bei einem Autounfall ums Leben.

Mit dem Überbringen dieser Todesnachricht an die Mutter Ende Dezember 1983 und dem baldigen Besuch eines Genossen, der darauf drängte, den Leichnam in die DDR überführen zu lassen, beginnt der im Espero Verlag erschienene Roman. Neben den Schilderungen vermitteln Fotos, Briefe und Auszüge aus der umfangreichen Stasi-Akte das Schicksal eindrücklich. Zu Lesungen aus ihrem Roman ist die Autorin, die heute in Ziegenrück lebt, jederzeit gern bereit.